Nachtfalter sind wenig bekannt, obwohl über 90 Prozent aller Schmetterlingsarten zu dieser Gattung gehören. Im Gegensatz zu den Tagfaltern sieht man die meisten kaum. Und sie sind nicht so auffällig und einprägsam gefärbt – aber deswegen nicht minder anmutig und interessant.

Man könnte meinen, die Tagfalter sind bunt und fliegen bei Tag, und die Nachtfalter sind eher tarnfarben und fliegen in der Nacht, aber so einfach ist die Unterscheidung nicht. Die Welt der Spinner, Spanner, Schwärmer, Eulen und Widderchen ist nicht einfach zu definieren. Wissenschaftler unterscheiden Tag- und Nachtfalter anhand von verschiedenen Merkmalen, wie zum Beispiel die Form der Fühler und Vorderbeine, die Gestalt der Puppe, die Koppelung der Flügel und die Färbung. Aber auch hier gibt es – wie sollte es anders sein – Ausnahmen von der Regel. Die Artenvielfalt ist denn aber doch erstaunlich: Neben mageren 190 Tagfalter-Arten leben in der Schweiz rund 3400 Nachtfalter-Arten.

Tagaktive Nachtfalter?

Die meisten Nachtfalter sind tarnfarben oder dunkel gefärbt, aber es gibt auch bunte, wie zum Beispiel den mittleren Weinschwärmer, den Hummelschwärmer oder den Bärenspinner, die bezaubernde Zeichnungen oder Färbungen aufweisen. Und es gibt auch richtige «Tageulen» unter den Nachtfaltern, wie das kolibriartige Taubenschwänzchen und alle Widderchen, die praktisch nur tagsüber unterwegs sind. 

Die bunte Färbung der Tagfalter hat in erster Linie zum Ziel, Partner anzulocken. In der Dunkelheit ist das eher schwierig, darum haben sich Nachtfalter auf Duftstoffe, sogenannte Pheromone spezialisiert. Paarungswillige Nachtfaltermännchen riechen diese «Parfums» der geflügelten Damenwelt über Kilometer weit.

Tarnung ist alles

Nachtfalter sind willkommene Häppchen für viele Fressfeinde wie Vögel, Raubinsekten, Igel oder Mäuse, für die Fledermäuse gehören sie gar zu den wichtigsten Nahrungsquellen. Daher sind die meisten enorm gut getarnt und auf dem passenden Untergrund kaum sichtbar. Die Dunkelheit ist aber immer noch der beste Schutz vor tagsüber jagenden Feinden wie Amseln und Meisen, aber auch Hornissen und Libellen verschmähen einen leckeren Falter nicht.

Damit die natürliche Tarnung nicht auffliegt, sollte man starke Garten-Leuchten in der Nacht vermeiden. Lichtverschmutzung ist eine nicht unwesentliche Bedrohung für Nachtfalter: Sie orientieren sich in der Nacht hauptsächlich am Mond, und fühlen sich daher auch von anderen Lichtquellen angezogen, die sie dann endlos umschwirren und oft zugrunde gehen. Fledermäuse haben längst entdeckt, dass sich nachts an Lichtquellen leicht Beute machen lässt.

Wie sieht die nächtliche Menükarte aus?

Bei den erwachsenen Nachtfaltern stehen ähnliche Blütenpflanzen wie bei den Tagfaltern auf dem Speiseplan. Vornehmlich Röhrenblüten wie bei Eisenkraut, Weidenröschen, Gewöhnlichem Wasserdost oder Leimkraut kommen den langen Saugrüsseln der Falter sehr entgegen. Den Speiseplan ergänzen dazu in der Dämmerung oder Nacht blühende Pflanzen wie Geissblatt, Nachtkerze, Nachtviole oder Nachtlichtnelke. Diese Blüten werden vornehmlich am Duft oder an fluoreszierenden Farbanteilen wahrgenommen und angeflogen. 

Die Raupen haben verschiedene Vorlieben, sind aber im Gegensatz zu den Tagfalterraupen vielseitiger: Sie mögen auch Blätter von Esche, Weide, Nadelbäumen, Schwarz- und Weissdorn, dazu verschmähen sie auch Flechten, Moose, Farne, Pilze, Algen und verrottendes organisches Material nicht. Ihren Bedarf an Mineralien decken sie oft in der Dämmerung an Teichen oder Pfützen.

Wohlfühlgarten für Nachtfalter

Damit es den nächtlichen Ausflüglern in einem Garten gefällt, braucht es nebst Nahrungspflanzen auch unaufgeräumte Ecken, Wiesen, die wenig gemäht werden und gerne auch Totholz und liegengelassenes Laub im Winter. Wie bei den Tagfaltern gibt es Arten, die als Puppe überwintern, oder als fertiger Schmetterling wie z.B. das Taubenschwänzchen. Andere wiederum fliegen in wärmere Gefilde, wo die Nächte frostfrei bleiben.