Das Pflanzen von einheimischen Stauden und Gehölzen liegt im Trend. Diese robusten und gebietstypischen Gewächse sind für die Biodiversität wichtig. In der Baumschule von Zulauf werden jedes Jahr mehr einheimische Pflanzen kultiviert, aber auch «Fremde» sind uns willkommen.

Wer einen naturnahen Garten anlegen möchte, kann sich ohne nachzudenken an einheimische oder gebietstypische Pflanzen halten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Diese Pflanzen sind an unsere Bodenverhältnisse und unser Klima angepasst. Ausserdem sind sie die perfekten Nahrungsquellen für unsere Insekten und der beste Lebensraum für unsere Vögel und viele andere Tiere. Auch wir bei Zulauf erweitern laufend das Sortiment an einheimischen Stauden, Gehölzen und Bäumen. Aber es gibt auch gebietsfremde Pflanzen, die gut in unsere Gärten und Pflanzenwelt passen, darum sollten wir zuerst ein paar Begriffe klären und mit einigen Vorurteilen aufräumen.

Vogelbeere als Nährgehölz

Christian Zulauf, Co-Geschäftsführer, prüft eine einheimische Vogelbeere (oder Eberesche, Sorbus aucuparia) auf Schädlinge. Vogelbeeren sind ein wichtiges Nährgehölz für Insekten und Vögel.

Bösewicht Neophyt?

Beim Begriff «Neophyt» läuten bei vielen die Alarmglocken – und dies zu Unrecht. Neophyt heisst auf deutsch ganz einfach «neue Pflanze». Gemeint sind damit alle Pflanzen, die nach 1492, also nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus, in andere Länder (oft aus anderen Kontinenten) bewusst eingeführt oder irrtümlicherweise eingeschleppt wurden. Ein anderes Wort dafür ist «gebietsfremd». Dazu gehören zum Beispiel der Sonnenhut (Echinacea), der Bienenbaum (Tetradium daniellii var. hupehensis) oder die Goldmelisse (Monarda), also Pflanzen, die unsere Natur bereichern. Viele davon sind auch für unsere Insekten sehr wertvoll. Insgesamt sind es in der Schweiz rund 750 Arten – bei einem Wildpflanzen-Gesamtbestand von ca. 4000 Arten.

Der Sonnenhut (Echinacea), der Bienenbaum (Tetradium daniellii var. hupehensis) und die Goldmelisse (Monarda) gehören zu den Neophyten. Ja – richtig gelesen – diese Pflanzen werden als Neophyten bezeichnet, weil sie vermutlich erst nach 1492 nach Europa gekommen sind. Und wer würde diese grossartigen Heilpflanzen und Blütenstauden und das wertvolle Bienennährgehölz missen wollen?

Invasive Neophyten sind die wirklichen Übeltäter

Problematisch sind in erster Linie die invasiven Neophyten oder invasiven gebietsfremden Pflanzen – sie breiten sich zum Teil dermassen effizient aus, dass sie die einheimischen Pflanzen unterdrücken und verdrängen, die biologische Vielfalt also verringern. In der Schweiz gibt es rund 90 invasive oder potenziell invasive Neophyten. Ein Beispiel: Vielleicht ist Ihnen bei einem Waldspaziergang schon einmal das rosa blühende Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) aufgefallen? Eine einzige Pflanze kann pro Jahr bis zu 4000 Samen ausbilden, die durch die aufplatzenden Samenstände mehrere Meter weit geschleudert werden. Auf diese Weise überwuchert das Drüsige Springkraut innert weniger Jahre grosse Flächen und verdrängt so viele andere Pflanzen.

Und was heisst jetzt einheimisch?

Als einheimisch werden alle Pflanzen bezeichnet, die vor 1492 schon hier gelebt haben. Unabhängig davon, ob sie von den Römern im Jahr 70 v. Chr. zu uns gebracht oder 1450 von China über die Seidenstrasse eingeführt wurden.

Ein weiteres Beispiel: Die Edelkastanie (Castanea sativa), die in den letzten Jahrhunderten im Tessin als «Brotbaum der Armen» galt und deren Früchte in vielen köstlichen Menüs Verwendung finden, ist bei uns eigentlich nicht einheimisch. Ursprünglich stammt dieser prächtige und wertvolle Baum aus Kleinasien und dem östlichen Mittelmeerraum. Die Edelkastanie wurde von den Armeniern kultiviert und um den Beginn unserer Zeitrechnung von Römern und Etruskern in Südeuropa angebaut, von wo aus sie sich im Mittelalter in die südlichen Alpen verbreiteten.

Einheimische Gewächse

Ein Blick in die Reihen mit einheimischen Gewächsen – hier wachsen
Lärchen (Larix), Hainbuchen (Carpinus betulus), Feld-Ahorn (Acer campestre), Eibe (Taxus baccata) und viele mehr.
Auch einheimische Bäume bis zu sechs Metern Höhe von diversen Arten sind vorhanden.

Einheimische und indigene Einheimische

Die «Einheimischen» werden bei uns in der Baumschule in zwei Linien kultiviert. Christian Zulauf, Co-Geschäftsführer und Produktionsleiter Spezialkulturen erläutert: «Das Vermehrungsmaterial, sprich Saatgut oder Stecklinge, der bei uns als einheimisch bezeichneten Pflanzen stammt aus der Schweiz und aus den umliegenden Ländern, in denen dieselben klimatischen Verhältnisse herrschen. Ausserdem gibt es eine zweite Linie mit autochthonen Pflanzen. Diese «indigenen» Pflanzen haben das Genmaterial von nordschweizerischen Pflanzen, sie werden also mit Saatgut und Stecklingen von hier – im geografischen Sinne – vermehrt. Man kann bei diesen Pflanzen also von ‹regionalen› Schweizer Pflanzen sprechen.»

Robust und etabliert

Durch die jahrhundertelange Anpassung an unser Klima sind einheimische Pflanzen oft anspruchsloser in der Pflege und weniger anfällig auf Krankheiten. Sie kommen auch meistens mit Wetterkapriolen besser klar. Das heisst: Mit einheimischen Pflanzen im Garten liegt man immer richtig, sie kennen das Klima und die Gegebenheiten und sind wertvoll für unsere Tierwelt und generell für die Biodiversität. Aber auch gebietsfremde Pflanzen, die sich nicht invasiv verhalten und die schon lange bei uns leben, kann man problemlos pflanzen. Im besten Fall sind sie für unsere Pflanzenwelt eine bereichernde Ergänzung und für Insekten oder andere Tiere wertvoll, im schlechtesten Fall einfach «nur» schön, und das liegt – wie man weiss – im Auge des Betrachters.

💡Verkauf von weiteren Pflanzen verboten

Am 1. März 2024 hat der Bundesrat das Verkaufsverbot von weiteren invasiven gebietsfremden Pflanzen per 1. September 2024 beschlossen. Dazu gehören unter anderem der Sommerflieder (Buddleja davidii), die Tessinerpalme (Trachycarpus fortunei) und der Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus). Bei Zulauf ist der Verkauf dieser Pflanzen seit Jahren reduziert worden und die meisten sind bereits jetzt nicht mehr erhältlich. Alle für den Verkauf ab September verbotenen Pflanzen, die bereits in Gärten gepflanzt sind, müssen aber nicht entfernt werden.

Im aktuellen News-Beitrag von SRF wird über das kürzlich eingeführte Verkaufsverbot von invasiven Neophyten berichtet. Die Anpassung der Freisetzungsverordnung soll verhindern, dass weitere invasive Neophyten in die Umwelt gelangen und sich dort ungehindert ausbreiten.