Der Süsskirschbaum hat bezüglich Ertragssicherheit oft grosse Probleme. Es sind vornehmlich drei verschiedene Faktoren, welche dazu führen, dass trotz wunderschöner, mit Blüten voll besetzter Bäume schlussendlich keine oder nur vereinzelte Früchte geerntet werden können.

Befruchtung

Die erste Fallperiode unreifer Früchte findet bereits kurz nach dem Ablösen der Blütenblätter statt, ist unbedeutend und wird deshalb auch kaum bemerkt. Zwei Wochen später werden die unbefruchteten Fruchtknoten abgestossen. Blüten können aus verschiedenen Gründen nicht befruchtet worden sein. Der wichtigste ist, dass Süsskirschensorten fast alle auf die Befruchtung mit sortenfremdem Pollen angewiesen sind. Dabei eignen sich für die Befruchtung einer bestimmten Sorte nicht alle anderen Sorten, sondern nur bestimmte. Es gibt ganze Gruppen sich gegenseitig nicht befruchtender Sorten, was Intersterilität genannt wird. Befinden sich also in der Nähe des eigenen Baumes nur intersterile Sorten, ist keine Befruchtung möglich. Es kann aber wohl ein Baum mit fruchtbarem Pollen in der Nachbarschaft stehen, aber seine Blütezeit überdeckt sich nicht mit der eigenen, sodass eine Befruchtung ebenfalls nicht zustande kommt. Regenwetter, wie es häufig zur Blütezeit vorkommt, ist für die Befruchtung auch nicht förderlich. Besonders fehlen dann die Bienen, welche fast ausschliesslich für die Übertragung des Pollens verantwortlich sind. Der nächstgelegene Bienenstand sollte womöglich nicht weiter als fünfhundert Meter entfernt liegen.

Rötel

Der durch den dritten Faktor bedingte Fruchtfall wird als Rötel bezeichnet. Im Juni werden verbliebene befruchtete, erst erbsengrosse Jungfrüchte rot, schrumpfen und lösen sich von den Bäumen. Nicht selten liegt fast der gesamte Ertrag frühzeitig am Boden. Es handelt sich dabei um einen physiologischen Regulierungsvorgang, dem somit keine Krankheit zugrunde liegt. Der Rötel kann mit dem Junifall des Kernobstes verglichen werden. Hält sich der Vorgang in Grenzen, so ist er erwünscht; denn er schützt den Baum vor Erschöpfung und lässt die verbliebenen Früchte grösser werden. In rötelnden Früchten hat sich nach der ordnungsgemässen Befruchtung wohl ein Embryo zu bilden begonnen, der aber bald abstirbt. Als Ursache dafür nimmt man an, dass die betroffenen Bäume zu wenig Nährstoffe, insbesondere Stickstoff, aufnehmen können. Auch Wassermangel Ende Mai Anfang Juni ist rötelfördernd, weil auch der zu jener Wachstumsperiode besonders grosse Bedarf an Nährstoffen jederzeit nur in im Wasser gelöster Form durch die Wurzeln aufgenommen werden kann. Eine längere Periode kühler Witterung nach der Blütezeit behindert ebenfalls Wasser- und Nährstoffaufnahme und führt zu starkem Rötel. Junge Bäume, die ihre Kraft hauptsächlich für das Triebwachstum benötigen, sowie alte Bäume mit wenig Triebkraft röteln stärker als mittelalterliche.

Behandlung

Forschungen an der Forschungsanstalt in Wädenswil (Schweiz) haben ergeben, dass durch Zufuhr des Wirkstoffes Naphtylacetamid mittels Baumspritzungen das Absterben der Embryonen fast völlig vermieden werden kann. Offenbar ist dies der Stoff, der mitentscheidend für die geschlechtliche Weiterentwicklung befruchteter Blüten ist. Wichtig ist der richtige Zeitpunkt der Behandlung, der Ende der Blühperiode liegt. Bei kalter oder zu warmer Witterung ist der Erfolg gering. Es sollte abends, morgens oder bei bedecktem Himmel gespritzt werden. Das Mittel, das in guten Fachgeschäften erhältlich ist, kann in Mischung zusammen mit Wirkstoffen gegen die Schrotschusskrankheit, welche besonders in nassen Frühjahren grosse Schäden verursacht, ausgebracht werden.