Jahr für Jahr verlieren weitere chemische Pflanzenschutzmittel die Zulassungen – der Trend geht Richtung umweltverträglichere und biologische Mittel, was nachhaltig und auch sinnvoll ist.

Interview mit Marco Huber

Marco Huber, Pflanzenschutz-Spezialist bei Zulauf, gibt im aktuellen Interview Einblick in seine Arbeit und beantwortet Fragen rund um das Thema Pflanzenschutzmittel.

Marco Huber: Was hat sich in den letzten Jahren im Bereich Pflanzenschutzmittel getan?

Die Zulassungsstelle des Bundes hat in den letzten Jahren wiederholt für verschiedene Pflanzenschutzmittel die Bewilligungen nicht mehr erneuert. Man kommt nicht darum herum, nach Ersatzprodukten zu suchen. Und wenn es biologische gibt, die wirken, ist das ja auch sinnvoll und nachhaltig. 

Gibt es keine Beratungsstellen wenn Ersatzmittel bei bestimmten Schädlingen gesucht werden?

Doch, die gibt es schon, hauptsächlich in den Bereichen Obst-, Gemüse- und Weinbau. Der Anbau von Laub- und Nadelgehölzen oder Stauden und Rosen in grossen Mengen betrifft aber wirklich nur Baumschulen, und von denen gibt es schlichtweg zu wenig, als dass dafür gross geforscht würde.

Welche Erfahrungen hast du mit den biologischen Pflanzenschutzmitteln gemacht?

Biologische Produkte sind schonender für Nützlinge, für andere Tiere und auch für die Menschen, die damit hantieren. Aber man eliminiert nicht auf einen Schlag alle Schädlinge, wie das bei einem chemischen Wirkstoff oft der Fall ist. Bio-Produkte wirken dagegen meist nicht systemisch, d.h. sie gelangen nicht ins Innere der Pflanzen und werden von dort von den Schädlingen aufgenommen. Sie wirken mechanisch oder kurativ, man muss den Schädling damit «treffen». Darum kann man allenfalls die Schadschwelle niedrig halten, muss aber die Pflanzen dauernd beobachten und kontrollieren und die Behandlung falls nötig öfters wiederholen.

Macht jede Baumschule ihre eigenen Versuche?

Wir sind seit ca. 4 Jahren bei einer Erfahrungsaustauschgruppe für biologischen Pflanzenschutz, wo man sich untereinander austauscht und abspricht, damit nicht jede Baumschule alle Mittel durchtesten muss und jeder von den Erfahrungen des anderen profitieren kann.

Müssen alle diese Versuche protokolliert werden?

Ja unbedingt, aber das müssen wir eh, da wir nach SwissGAP produzieren. Dieser Produktionsstandard schreibt uns vor, dass jedes Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln dokumentiert werden muss, auch von biologischen. Das wird auch kontrolliert. 
 

Und wie gut funktionieren die biologischen Mittel?

Im Insektizid- und Herbizid-Bereich sind wir auf gutem Weg, bei den Fungiziden ist es etwas schwieriger. Da gibt es vorwiegend «fleckende» Mittel, d.h. man sieht Rückstände des Mittels auf den Blättern, was aber völlig unproblematisch ist und nach einigen Regengüssen weggespült wird. Aber Privatkunden sind nicht wirklich sensibilisiert für das Thema, man möchte zwar biologisch gezogene Pflanzen kaufen, aber sie müssen vollkommen makellos sein und eine Rose darf z.B. nicht eine einzige Laus aufweisen. Das geht aber schlecht zusammen. 

Kannst du ein Beispiel geben von einem erfolgreichen biologischen Mittel?

Wir setzten seit dem Frühling 2021 Majestik versuchsweise ein gegen Läuse und Spinnmilben – vornehmlich bei Rosen. Seit letztem Jahr wird das Mittel flächendeckend angewendet. Läuse vermehren sich am stärksten im Mai/Juni, wenn es richtig «wüchsiges» Wetter ist, Spinnmilben mögen eher trockenes, warmes Wetter. Das Mittel bildet einen klebrigen Film, der die Läuse und Spinnmilben erstickt. Dazu ist es aber wichtig, dass es fein zerstäubt und die Pflanze gut benetzt wird, und die beste Wirkung erzielt man, wenn es wärmer als 20 Grad ist. Gut zu wissen: Es braucht keine Schutzmontur beim Ausbringen von Majestik, das ist ein Vorteil, auch wenn man es bei Kundinnen und Kunden in Privatgärten einsetzt. 
Unsere Rosen werden von April bis September fünf- bis sechsmal behandelt, wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.